Die Bundesregierung hat zwar ein Transparenzgesetz versprochen, aber einen Entwurf gibt es noch nicht.

Deswegen legen wir jetzt selbst einen vor.

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Die Kernpunkte in Kürze

  1. Aktive Informationspflicht

    Die Behörden müssen bestimmte Informationen, etwa Verträge der öffentlichen Hand jenseits einer Summe von 100.000 EUR, Gutachten und Studien sowie Subventionszahlungen, online veröffentlichen.

  2. Bürger*innenfreundlichkeit

    Die Verfahrensregeln werden so gestaltet, dass alle das Gesetz nutzen können. Deshalb sind Informationen, für die ein Antrag gestellt werden muss, gebührenfrei herauszugeben, bei einer Antwortfrist von 15 Werktagen. Der Zugang zu den Online-Informationen ist barrierefrei zu gestalten.

  3. Weiter Anwendungsbereich

    Nicht nur die Verwaltung, auch bestimmte Unternehmen fallen unter das Gesetz. Viele Aufgaben des Staates werden an privatrechtliche Unternehmen ausgelagert. Diese sind bisher nicht immer umfasst und werden durch den Gesetzentwurf transparent.

  4. Vereinfachung der Gesetzeslage

    Bisher werden Informationsansprüche nach Umweltinformationsgesetz und Informationsfreiheitsgesetz z. T. sehr verschieden geregelt. Der Gesetzesvorschlag führt beide Gesetze zusammen.

  5. Ausnahmen eng gefasst

    Natürlich sieht das Gesetz Ausnahmen vom Grundsatz der Transparenz vor, etwa zum Schutz von personenbezogenen Daten oder zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsheimnissen. Diese Ausnahmen werden eng gefasst, um einer missbräuchlichen Informationsblockade vorzubeugen.

  6. Abwägungsklausel

    Ausnahmen vom Grundsatz der Transparenz dürfen nicht greifen, wenn das öffentliche Interesse an der Information schwerer wiegt als mögliche Geheimhaltungsgründe.

  7. Vorrang für Information

    Spezialregelungen nach anderen Gesetzen gehen nur dann vor, wenn sie weiterreichende Rechte für die Antragsstellendenzeinräumen. Das Transparenzgesetz definiert einen Mindeststandard.

  8. Rechtsschutz

    Wer mit der Reaktion der öffentlichen Stelle nicht zufrieden ist, kann wählen, ob er oder sie zunächst Widerspruch erheben oder sofort dagegen klagen möchte. So wird bei strittigen Fällen der Entscheidungsweg verkürzt. Bei Streitigkeiten über Geheimhaltungspflichten kann das Gericht schon im Hauptsachverfahren überprüfen, ob die angeführten Gründe zutreffen. Nach bisherigem Recht passiert dies in einem gesonderten Verfahren, was zusätzliche Zeit kostet.

  9. Ombudsrolle

    Der oder die Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit kann in Konfliktfällen zur kostenlosen Vermittlung angerufen werden. Während der Prüfung ruhen die Widerspruchs- und Klagefristen, die Antragstellende normalerweise zu beachten haben, bis das Prüfergebnis vorliegt.

gesamten Gesetzesentwurf lesen (PDF)

Anlass für den Gesetzesvorschlag

Die Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vom November 2021 unter anderem folgendes Reformprojekt angekündigt:

„Wir wollen durch mehr Transparenz unsere Demokratie stärken. Uns leiten die Prinzipien offenen Regierungshandelns – Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit. […] Die Informationsfreiheitsgesetze werden wir zu einem Bundestransparenzgesetz weiterentwickeln.“

Seitdem bestimmen die aktuellen Krisen den öffentlichen Diskurs, während von diesem Projekt nichts mehr zu hören ist. Gerade in Zeiten, in denen den Bürgerinnen und Bürgern viel an Einschränkung abverlangt wird, sei es durch Gesundheitsmaßnahmen oder auch durch Verteuerungen, ist es besonders wichtig, dass staatliche Maßnahmen durch Transparenz an Akzeptanz gewinnen. Ein starker Staat, wie er in diesen Zeiten oft betont wird, lebt von der Stärkung der demokratischen Mitwirkung, für die der Zugang zu den Informationen öffentlicher Stellen eine Grundvoraussetzung ist.

Notwendigkeit einer umfassenden Gesetzesreform

Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes ist 2006 in Kraft getreten, vor nunmehr 16 Jahren. Es war schon damals erkennbar ein Kompromissgesetz, das im parlamentarischen Beratungsprozess den Bedenken zahlreicher Skeptiker der Transparenz in Politik und Verwaltung Rechnung tragen sollte. Nicht nur deshalb ist es in vielen Punkten nicht mehr zeitgemäß. So hat auch die umfassende offizielle Evaluierung, die 2012 im Auftrag des Innenausschusses vorgenommen wurde, schon vor zehn Jahren erheblichen Reformbedarf festgestellt:

  • Ausschlussgründe seien unsystematisch und z. T. überflüssig geregelt,
  • es fehle an einer generellen Abwägungsklausel mit dem öffentlichen Interesse, die international schon damals Standard war,
  • die gesetzlich vorgesehenen Fristen würden in jedem dritten Fall nicht eingehalten wurden
  • die aktive Veröffentlichungspraxis sei unterentwickelt
  • u.v.m.

Zudem regte der Evaluierungsbericht an, eine generelle Kostenfreiheit zu erwägen. Eine Zusammenführung mit dem Umweltinformationsgesetz, um die Gesetzeslage zu vereinheitlichen, bezeichnete die Auswertung als grundsätzlich möglich.

Alle Anregungen sind zehn Jahre lang ohne Folgen geblieben. Gleichzeitig hat sich das Informationsrecht rasant weiterentwickelt: So hat Hamburg 2012 das erste landesweite Transparenzgesetz mit weitreichenden automatischen Veröffentlichungspflichten eingeführt, mit bis heute großer Nachfrage durch Bürgerinnen und Bürger sowie keinen spürbaren Nachteilen für die Verwaltung. Auch Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen haben mittlerweile eigene Transparenzgesetze erlassen, wenn auch mit unterschiedlich weitreichenden Regelungen.

Warum eine Initiative aus der Zivilgesellschaft?

Das derzeitige Bundesgesetz hinkt mit seinen Regelungen nicht nur im internationalen Vergleich, sondern auch im Vergleich mit einigen der deutschen Bundesländer hinterher, was durch diesen zivilgesellschaftlichen Entwurf behoben werden soll. Der Umstand, dass ein Gesetzesvorschlag aus der Mitte der Gesellschaft kommt, ist dabei kein Zufall: Transparenzgesetze, die von der Ministerialbürokratie erarbeitet werden, entstehen bei den Stellen, die sich selbst mehr Offenheit verordnen müssten. Es ist deshalb ein demokratiepolitisch notwendiges Korrektiv, wenn an dieser Stelle Impulse von denen kommen, die letztlich für die Adressaten der Transparenz sprechen, nämlich die interessierte Öffentlichkeit.

Das Bündnis